Sonntag, 10. April 2005

päarchenrealitytv.

ich wohne in der innenstadt dieser provinzmetropole.
superzentral. zentraler geht es nicht.

einmal die treppe runter zu sechs/acht/zehn verschiedenen cafes. 30 sekunden zur universität. 40 sekunden zur kajo, der hauptfussgängerzone.

meine wohnung liegt zum hinterhof raus.
von meinem balkon aus kann ich das münster sehen, den "schönsten gotischen turm der christenheit" und das martinstor (das gibt es von faller als bausatz, allerdings ohne die mcdonalds leuchtreklame, die es heutzutage hat) gleich noch dazu.
von meinem balkon aus kann ich ausserdem die hinterausgänge einer nordseefiliale, zweier clubs, eines trashigen klamottenladens und eines haushaltswarengeschäftes sehen.
und das pärchen.

von meiner wohnung aus schaue ich genau auf ein hinterhaus. es gibt nur eine wohnung dort, sie geht über zwei etagen.

bisher lebten dort zwei frauen, eine blonde, eine dunkelhaarige.
die blonde lebte im oberen teil der wohnung, in der zweiten etage, auf meiner höhe, und wir nickten einander immer mal wieder zu, wenn wir zeitgleich am schreibtisch sassen, was jeden tag vorkam. wir bewerteten veränderungen an unseren wohnungen, wie neue vorhänge oder pflanzen auf dem balkon per handzeichen. immer wenn ich aus australien zurückkam winkte sie ein wildes wilkommen herüber. wenn wir uns im hof begegneten, dann sagten wir hallo.
bedarf zu näherem kontakt bestand nicht. es war nett so wie es war.

die dunkelhaarige war immer ein wenig seltsam. auf ihrem bett, perfekt einsehbar von meinem balkon aus, lag ein 2m grosses plüschkrokodil.
sie arbeitet in der buchhandlung um die ecke, in der reiseführerabteilung, hat mich dort schon mehrfach bedient, und immer so getan, als würden wir uns nicht kennen. sie grüsst nie im hof.
slightly bizarr.

nunja.

eines samstag morgens im februar, später vormittag, ich ziehe die rolläden hoch, und meine güte, die blonde frau zieht aus.
wir winken, ich rufe einen gruss vom balkon. das ende einer ära.

letzte woche kam ich nun zurück nach freiburg. und meine güte. das erste was andrea mir erzählt, ist wer gegenüber eingezogen ist. die dunkelhaarige ist nicht mehr alleine in der wohnung. nein. ihr lover ist jetzt auch da. dauerhaft.
vom sehen kannte man ihn ja schon, zwangsläufig.

er ist nicht sonderlich hübsch. sie auch nicht. schlimm ist das nicht, das passt schon.
schlimm ist nur folgendes: sie haben keine vorhänge.

ich muss es wiederholen:
keine. vorhänge.

das schlafzimmer ist glücklicherweise nicht zum innenhof raus. nein, das wäre zu schlimm, könnte aber wenigstens der erheiterung dienen.
vom sex einmal abgesehen bekomme ich jetzt also 24 stunden päarchenrealitytv. der schlimmsten art.

ich kann dem nicht entfliehen. ich sitze an meinem schreibtisch, ich schaue aus dem fenster, da sehe ich diese wohnung, und da sehe ich deren bewohner.
ich sehe wie sie morgens ungewaschen tee kochen. wie sie mittags spülen. ich sehe wie sie abends nebeneinander auf dem boden sitzen und fernsehen gucken, sie mit dem plüschkrokodil im arm.

es ist ekelerregend.

ich sehe auch wie sie streiten, es ist wie ein schlechter film, die frau mit den händen in den hüften, die lippen geschürzt, kanzelt den mann runter.
freitag abend hatten sie besuch, zum essen, besuch der im gegenzug massiv zu mir rüberstarrte, bis ich die rolläden runterliess. samstag vormittag, die frau schlief noch, auftritt: typ. ran an den essenstisch vom vorherigen abend, als erstes mal ein bisschen rotwein nachladen. ich konnte ihn verstehen. mit so einer frau in einer wohnung, da würde ich auch als erstes morgens wein trinken wollen.

ich sehe sie auch knutschen. und vielleicht ist das der grund, warum sie mich so ankotzen.
ihhr knutschen macht mich aggressiv.

zum einen frage ich mich, ob d. und ich immer früh genug die vorhänge zugemacht haben. denn unsere zweisamkeit hier in der wohnung muss ähnlich ekelerregend lahm ausgesehen haben für die leute die im vorderhaus in den oberen etagen wohnen und besonders gut in diese wohnung hineingucken können.

zum anderen will ich das auch, irgendwie, irgendwo, dieses paarding. nicht in der mit-dem-plüschkrokodil-vor-dem-fernseher-sitzen-variante.
aber generell. so ein ganz kleines bisschen nur.

ich mag gesellschaft haben, regelmässigen körperkontakt, regelmäßigen beischlaf und reden über alles und nichts, gemeinsam musik hören, essen. mein essverhalten ist unter aller sau, so alleine. schon immer so gewesen, jetzt erst recht.

es muss ja gar nicht immer sein. zweidrei tage zweisamkeit die woche, das würde schon reichen.

es ist seltsam wieder nichtpaar zu sein, seltsam, aber auch gut.
man, also ich, bin so faul geworden in meiner ersten non-distance beziehung. man braucht nicht mehr aktiv zu werden, sich nicht verabreden, ist ja immer jemand da, alles easy, her mit dem stupor.

bisher ist die neue leere befreiend, verwirrend in ihren möglichkeiten. bisher nutze ich sie so gar nicht richtig, gewöhne mich erst dran. wenn nichts zu tun ist lerne ich (!). oder geh ins gym. oder schreibe.
wunderbar ist das.
herausfordernd, auch. es tut mir gut, das merke ich schon jetzt. die lähmung die mit d. eingetreten war, die ist vorbei.

genau das was ich brauche.

das päarchen könnte trotzdem mit dem knutschen aufhören. denn das tun sie gerade. schon wieder.

ihr seid eklig.
jetzt erstmal die rolläden runterlassen.