gestern nachmittag zockelte ich, beinahe so langsam wie in der stvo vorgeschrieben, mit dem auto durch den verkehrsberuhigten bereich der heimatstadtlichen altstadt. viel los gestern, feiertag, da laufen menschen rum, die will man ja nicht überfahren, aber halt, eigentlich will man das schon, aber man sollte das tunlichst unterlassen, zusammenhalt der gesellschaft und so, und ausserdem glaube ich ja an non-violence. ahem.
vor mir, ein junger mann, schmalgebaut, baggy jeans, kapuzenpulli, vision street wear sneakers, ein eastpak rucksack am arsch hängen, eine kleine rothaarige, süssbezopfte freundin in ähnlichem outfit an der hand.
ich lachte schon ein wenig in mich hinein, fragte mich, wer denn da nicht über die frühen 90er hinweggekommen sei oder ob das jetzt ein trend sei bei den teenagers, und in dem moment realisierte ich, dass ich dieses schlurfen kenne. altbekanntes schlurfen, das ist steffen p.
hallo steffen p., dachte ich mir, dich gibts also auch noch, wann haben wir das letzte mal geredet? ach ja, das war, als du mich fast nicht erkannt hast, vor knapp einem jahr genau. lustig war das.
wir sind zusammen aufs gymnasium gekommen, 1988 war das, und er war einer der jungs, bei denen man immer gleich den nachnamen mit sagte, mit erinnerte, komisch ist das, aber wie das manchmal halt so ist.
steffen p. war immer einer der coolsten jungs der klasse, später der stufe, bis es ihm so ging wie fast allen die irgendwann mal intensivst ihre zeit im stadtpark beim skaten und kiffen verbracht hatten. adios, amigo, ab auf die gesamtschule.
bis dahin aber waren wir kumpel gewesen. seht gute kumpel sogar. keine freunde, nein, aber wir haben rumgehangen für eine weile, obwohl es gar nicht so passte. ich war eins der komischen mädchen mit höchstens einer handvoll freundinnen, aber immer signifikant mehr jungs. er war einer davon, es war die gegenbewegung zu dem mobbing das er und seine kumpel eine viel zu lange weile mit mir betrieben hatten.
in der mittelstufe, als er der coolste von allen war, der trendsetter der klasse, der, den alle mädels wollten, da war meine beste freundin jane ganz schrecklich in steffen p. verknallt, unglücklich noch dazu, da lief nix, alles ergebnislos, und wenig später ging es mir dann genau so, für einen kurzen moment nur, auf recht unemotionale weise beinahe, alkohol war involviert.
es war ein abend im nd-jugendzentrum, irgendwer feierte geburtstag und steffen und ich standen uns gegenüber und knutschten, genau einmal, und er sagte einen legendären, legendär schlechten satz, nämlich "caro, das wird nichts mit uns, zumindest nicht jetzt, vielleicht ja in zehn jahren."
gestern schlurfte steffen p. also vor meinem auto her. das letzte was ich gehört habe, das letzte, das er mir erzählt hat, vielmehr, ist, dass er rumstudiert, in essen, irgendwelche geisteswissenschaften, noch immer in der heimatstadt wohnt, in der kneipe in der wir damals rumhingen kellnert, und reist, tauchen und so, karibik, ein paar monate.
ob die süsse rothaarige, tochter der pleitegegangenen konkurrenz meiner mutter, dann wohl mitkommt?
er ist echt hier hängen geblieben, der steffen p. früher mal checker, früher mal cool, heute nicht mehr so ganz. immer noch jeans und eastpak rucksack. mit 28.
ich musste schmunzeln. auf so eine mitleidige art und weise.
ten years down the road, steffen p., das ist jetzt, und weisst du was? das wird nix mehr mit uns. nein nein. wie kann man freiwillig in diesem landstrich leben?
und so hinter dir herfahrend, im schneckentempo, lieber steffen p., habe ich da beginnenden kreisrunden haarausfall auf deinem hinterkopf gesehen?