und jedes jahr passiert es wieder. "und wie lang ist das her?" fragt mich jemand, und ich überlege mir so "august 1994 bis heute, das ist wie lang?" und erst dann fällt mir auf, dass es ja august ist, und nur noch ein paar tage, bis zu dem tag. dieses jahr war es drei tage vorher. seltsam, wie das immer wieder passiert, dabei rede ich doch gar nicht mehr oft von dir; einzweimal im jahr, vielleicht. ich denke öfter an dich, klar, aber nicht so oft, wie es dir zustehen würde. in meinem leben bist du der jugendfreund geworden, der gestorben ist. mehr nicht. scheiss-rolle, ja. davor musste ich zuletzt an dich denken, als ich bei der art basel die kleinen kinder auf dem verspiegelten karussel photographiert habe. karusell fahren, das war eine der letzten sachen, die wir zusammen gemacht haben. hab ich das seitdem wieder gemacht? ich glaub nicht. zwölf jahre ohne karussel fahren? kann das sein? zwölf jahre ohne dich? muss wohl. 1994 ist ewigkeiten her. du wärst jetzt einunddreissig, und ich kann mir dich nicht vorstellen, mit einunddreissig. einundreissig ist erwachsen, und du warst nie erwachsen. wärst du verheiratet? hättest du kinder? was wäre dein beruf geworden? wäre dein lächeln immer noch so entwaffnend? wärst du irgendwann selbstsicherer geworden? wärst du glücklich? wären wir noch befreundet? wenn ich an dich denke, dann sehe ich dich, wie du an mir vorbeifährst, winkend, in der altstadt. das war donnerstag, am späten nachmittag. wir haben an dem abend noch telefoniert, ein paar mal, sogar, und am freitag mittag auch noch. über was wir geredet haben, daran kann ich mich nicht mehr erinnern; sicher haben wir über das wochenende geredet und pläne gemacht. wer fährt in welchem auto mit, wer holt wen wann ab, wie wird das wetter bloß? kleinkram. das wichtige, das wollte ich mit dir am wochenende bereden. dumm von mir. so dumm. am freitag musst du gelispelt und langsam geredet haben, denn du hattest dir in der nacht vorher auf die zunge gebissen. ich weiss, dass es so gewesen sein muss, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern. hatte ich mich so daran gewöhnt? scheinbar. es erscheint mir unglaublich. mein heutiges ich hätte dich monate zuvor in die nächstbeste, nein, in die beste klinik geschleppt. wir waren kollektiv blind, damals.
das wetter ist so schlecht dieser tage. genau wie an dem sonntag danach, heute vor zwölf jahren. kalt, grau, regnerisch. herbst. t. hatte damals einen rollkragenpullover an, und die thermoskanne hat gequietscht, und wir waren das erste mal alle zusammen. ohne dich.