als ich klein war, da war für meinen vater klar was ich werden sollte, welchen beruf ich einmal haben sollte.
ich weiss nicht wie ernst er es gemeint hat damals, oder ob er bewusst einen männerberuf ausgesucht hatte, aber er wiederholte es bei jeder gelegenheit:
ich sollte eines tages brückenbauingenieurin werden.
ich war klein, sehr klein, vielleicht 3 oder 4, und bei jeder wochenendreise die a45 runter, bei jeder fahrt in den sommerurlaub nach österreich, wiederholte mein vater bei jeder schönen talbrücke dass ich eines tages auch einmal solche brücken bauen sollte.
brückenbauingenieurin!
es war unser gemeinsamer running gag.
es waren die frühen 80er.
mein vater arbeitete im vertrieb einer firma die dehnfugen herstellte und hatte daher täglich auf großbaustellen zu tun.
vielleicht wollte er, dass ich eines tages einmal etwas plane, etwas leite, nicht die pläne anderer ausführen würde.
die väterliche strategie wirkte.
so wie ich zur abgrenzung von anderen immer exotische tiere als lieblingstiere hatte, so habe ich auf anfrage nie gesagt, dass ich tierärztin werden wolle, oder stewardess, nein, brückenbauingenieurin wollte ich sein, eines tages.
er und ich, wir hatten sogar schon die firma ausgesucht, bei der ich arbeiten würde, und immer wenn ich deren schild irgendwo sah, an einer baustelle, da habe ich mich gefreut. mein vater freute sich auch, wenn ich krähend vor freude über hohe autobahnbrücken fuhr.
es kam anders, klar.
every once in a while tut es mir ganz schrecklich leid für meinen vater, dass ich den von ihm für mich (und sich) gewünschten weg nicht eingeschlagen habe. nicht nur in beruflicher hinsicht.
ich bin kein dipl.ing. und baue auch keine brücken. nein.
ich langzeitstudiere und habe panik vor dem examen und einfach gar nichts vorzuweisen, nichts erreicht, das währung ist in der welt meines vaters.
ich habe das studium immer noch nicht abgeschlossen, keinen beruf, ich koste geld. ich habe keinen ehemann, ich habe keine kinder, ich date seit jahren männer die er nicht mag, die er shady findet, die er für ihren lebenswandel verachten würde, wenn er denn wissen würde, wie der so ist. er würde mich verachten für das was ich da mache im moment, in dieser beziehung. ich habe nicht, wie die töchter der anderen männer im kirchenchor unseres heimatdorfes, ein reihenhaus hinter dem friedhof und plane auch nicht, dies je zu haben. ich teile seine religion nicht mehr. ich teile gar nichts mehr mit ihm. ich spiele noch nicht mal golf.
ich mache nichts, dass er seinen stammtischfreunden oder golf-kumpeln erzählen könnte. es ist ihm peinlich wenn leute fragen, warum ich denn immer noch studiere.
stattdessen erzählt er geschichten von meinem bruder.
es gab zeiten, in denen er noch voller stolz von mir berichten konnte. von mir und meinem studium und dem freund in australien, der arzt war, und den auswanderungsplänen und dem job in der tollen kanzlei. er fand die pläne zwar gar nicht toll, aber wenigstens waren es pläne, wenigstens konnte er was vorzeigen, stolz heucheln, dritten gegenüber.
das tragische ist, dass er nicht weiss, dass ich zu diesem zeitpunkt unglücklich war, todunglücklich, und in sydney auf einer klippe gestanden habe.
er hätte sicher gerne diese tage zurück, die tage der australienpläne, so wenig er sie damals mochte.
mein vater weiss so wenig von mir, fast gar nichts, und das wenige dass er weiss, das ist schon schlimm genug. wüsste er, wie die dinge wirklich stehen, wie mein leben so ist, er würde den letzten rest respekt vor mir verlieren.
ich kann und will ihm nicht sagen, wie das ist, mein leben, wie ich bin, und eigentlich frage ich mich, warum mir das trotzdem, every once in a while, immer noch wichtig erscheint, dieses erkannt sein von ihm.
ich mag mich schon sehr gerne dieser tage. und bin trotz der bumps in the road glücklicher als in einer ganzen langen weile.
nun gut. darum geht es dieser tage eigentlich auch nicht.
es geht nicht wirklich um meinen vater und was er sich gewünscht hat für mich. es geht auch nicht wirklich um die frage, ob die währung in der mein vater den wert von menschen bestimmt richtig ist, oder nicht.
es geht um brücken und das bauen von selbigen.
denn obwohl ich nicht brückenbauingenieurin geworden bin, so wie mein vater sich das gewünscht hat, bin ich in mancher hinsicht schon gut im brücken bauen.
schöngeschwungene, große brücken sind das, über grosse abgründe und unsicherheiten. gebaut mit leichtsinn, wahnsinn, offenheit, vertrauen und worten.
zu dumm nur, wenn diese meisterleistungen der baukunst dann nicht betreten werden, wenn niemand über meine schönen großen brücken geht.
zu dumm, dass sie leer bleiben, unbeschritten, unbefahren.
nicht, weil sie schlecht gebaut sind oder so.
sondern einfach weil sie nicht gewollt sind.
ich baue brücken für nix.
und verliere am ende, und zwar auf ganzer linie.
[in that way, and so many others, i am my father's greatest dissapointment.]