Freitag, 20. Januar 2012

niemensstraße.

er steht mitten auf der straße zwischen büro und uni, fußgängerzone, aber nicht allzu groß, leute auf dem weg durch das abendliche bermudadreieck laufen um ihn herum, und er steht da nur, das gewicht auf den fußballen, die arme hängend, den kopf nach vorne gestreckt. es regnet, und er steht da, als würde er es nicht bemerken, und er steht so auch da, wenn es schneit, wie heute mittag, oder die sonne scheint, wie meistens hier in freiburg, und er steht da so, seit jahren. irgendwann war er plötzlich da, am anfang stand er nicht, sondern rannte oder schrie, oder fluchte, gen himmel meistens, manchmal auch gegen die telefonzelle vor der buchhandlung. seit ein paar tagen sind seine von natur aus unbändigen, wilden haare mal wieder abrasiert, auf seiner stirn mal wieder eine große platzwunde, wie man sie hat, wenn man seinen kopf irgendwo gegen geschlagen hat, und nur dann. und wie immer, wenn ich ihn sehe, frage ich mich, warum er da steht, was er wohl denkt, und wie das nur passieren konnte, dass er da so steht. und ich frage mich, wo seine familie ist, und wo seine freunde sind, und ob sie sich sorgen, um ihn, und wie das ist, für sie, ihn da stehen zu sehen. denn obwohl ich ihn nur beiläufig, ach was, eigentlich gar nicht wirklich kannte, in seinem leben vor dem schreien, dann dem stehen auf der straße, tut es jeden tag weh, ihn da unten zu sehen, mitten auf der straße, auf den fußballen wippend, so einsam mit sich selbst.