Montag, 8. November 2010

wahn.

gestern abend 'das weiße rauschen' geguckt. zwischendurch tatsächlich mit r. kurz debattiert, ob wir den film nicht vielleicht doch besser ausmachen sollten, weil er für die gemütliche statttatortsonntagabendberieselung dann doch zu intensiv war. ich hatte ihn vor jahren schon einmal gesehen, aber er war noch beklemmender und verstörender als ich ihn in erinnerung hatte. und nah, so nah dran, an leuten, an verhalten das man so kennt, von außen.

heute wolfgang herrndorf gelesen, der seinen aktuellen beitrag über eine akute psychiatrische krise mit folgendem extrem schlauen absatz beendet:
"sowohl im nachhinein als auch insbesondere währenddessen sehr bedrückender gedanke: daß man als individuum auf diese belastung nicht individuell reagiert, sondern superkonventionell, mit geradezu normiertem verrücktem verhalten, das hunderttausend andere verrückte an dieser stelle auch schon vorgeführt haben, und also gar kein individuum, keine psychisch autonome einheit mehr ist. das ist tatsächlich das furchteinflößendste, während man drinsteckt: man steckt auf einmal nicht mehr drin in etwas, was man bis dahin als selbst wahrzunehmen gewohnt war, als ich, so fragwürdig man die synthetische konstruktion des ichs auf einer intellektuellen ebene schon immer empfunden hat (aber rein alltagstechnisch war dieses ich doch sicher vorhanden), und dann löst es sich auf in das unpersönliche agieren eines vom evolutionsprozeß sehr sinnvoll und zugleich schwachsinnig an die härten der welt angepaßten durchschnittlich durchgedrehten vertreters der art. was einem immerhin die selbstbeobachtung erleichtert: man weiß im grunde sofort, daß man verrückt ist. das heißt, ich wußte es. und dann verdrängte ich es um der hoffnung willen, so bleiben zu dürfen. denn es ging mir fantastisch."

[nablopomo 2010; 08/30]