Donnerstag, 27. November 2008
comeback. [eine filmempfehlung.]
„german ex-champion wants to fight in the usa, two years no boxing, no manager". jürgen "the rock" hartenstein sitzt in einem internetcafé und tippt diese worte in ein webmailprogramm. seine großen erfolge liegen bereits einige jahre zurück: 1998 holte das supermittelgewicht mit einem sieg gegen uwe lorch den titel bei der deutschen meisterschaft. damals zählte er für kurze zeit zu den besten boxern in seiner gewichtsklasse – doch nach dem titelkampf ging es für ihn stetig bergab. hartenstein verlor einen kampf nach dem anderen; schließlich beschloss sein manager, ihn gehen zu lassen. auf sich allein gestellt blieben die profi-kämpfe aus. nach drei jahren, in denen er nicht im ring stand, hat die boxwelt ihren ehemaligen helden längst vergessen. jürgen aber glaubt an ein comeback.
auf einem staubigen dachboden in münchen, über der szenekneipe, in der er als bouncer arbeitet, trainiert jürgen verbissen weiter, weiter und weiter und weiter. und genau dort sieht man ihn durch die kamera von dokumentarfilmer maximilian plettau zum ersten mal; in dunklen, körnigen bildern auf einen sandsack einschlagend, gegen seinen eigenen schatten boxend.
zweieinhalb jahre hat max an seinem film über hartenstein gearbeitet, nachdem sie sich bei recherchen zu einem technischen kurzfilmprojekt für max studium an der hochschule für film und fernsehen kennen gelernt hatten. nach langen recherchen begleitete max den boxer ein jahr lang mit der kamera: auf den dachboden über der kneipe, in das spartanische box-gym, das er mit seinem trainer einrichtet, in seine bescheidene dachwohnung und in sein pfälzisches heimatdorf – zum omabesuch.
comeback ist ein konzentrierter film, ohne störende voice-overs, ohne interview-passagen, fast ohne musik. ganz nah rückt die kamera an jürgen hartenstein heran, und der lässt den genauen blick der kamera in sein leben zu. das ergebnis sind wunderbar anrührende szenen, die man in keinem spielfilm-drehbuch glauben würde.
so wie das oma-gespräch, zum beispiel, bei dem sie jürgen im breitesten pfälzisch erklärt, wie er denn seine t-shirts schön weiß halten kann (zu ihrer beider füsse eine packung persil), trainingsszenen, die mit rocky balboa-assoziationen spielen, und die szenen in den usa, nachdem es jürgen tatsächlich gelungen ist, einen kampf zu organisieren und er in new york in einem hostel absteigt, das tatsächlich "american dream" heißt. als zuschauer schließt man als "the rock", diesen stillen, getrieben, ehrgeizigen mann, das lebende klischee des harten mann mit dem weichen kern, zwangsläufig ins herz. denn jürgen hartensteins geschichte ist letztendlich eine universelle: wie geht man damit um, wenn der lebenstraum unerfüllbar scheint? wie weit will man für diesen traum gehen, wie lange kämpfen? wann gibt man auf?
jürgen zumindest hat noch nicht aufgegeben. mittlerweile ist er 37, und anfang september boxte er bei einem kampf in kansas und gewann. mit einem k.o. nach einer minute und 36 sekunden.
[comeback]
[nablopomo 2008/27]