ich hab gestern abend geweint, bei saturn an der cdprobehörtheke.
ich liebe die cdprobehörtheke in plattenläden, sogar in seelenlosen saturnfilialen und media märkten. es war ein grund der immer gegen melbourne sprach war: der beste plattenladen der stadt, jb hifi, hatte keine probehörtheke. ohnehin war es überhaupt weder üblich noch möglich, in melbourne cds vor dem kauf einmal durchzuhören oder zumindest mal alle songs anzuspielen. cultural gap. zum ersatz spielte triple j neue alben am abend vor dem release immer einmal ganz durch, das war zwar ganz nett, aber lang nicht so nett wie es eben nett ist, eine halbe oder dreiviertel oder eine ganze stunde bei aktiv oder dussmann oder eben saturn zu stehen, an freitagen oder samstagen, gerne auch in begleitung, und platten aus der ohnehin zu kleinen alternative (aua) ecke zu hören; alben die man ausgesucht hat, mit einem kleinen zettel in der hand, oder dem moleskine, in das man sie notiert hat, in den letzten wochen, die alben die man dringend mal anhören muss. am liebsten mach ich das dort, wo man selber die cds reinlegen kann, und wo die kopfhörer gross sind und gut funktionieren und man alles laut genug drehen kann und wo es nicht so voll ist.
gestern abend um halb acht also die cdprobehörtheke vom saturn in der schwarzwald city, die filiale schon ziemlich leer, wer geht schon platten kaufen, freitagsabends um halb acht, und überheizt ist es auch, wie immer, und es riecht ein bisschen verbrannt und an der cdprobehörtheke mit neun plätzen nur ich und die neue tomte cd, special edition.
'ich sang die ganze zeit von dir' wird geskippt. das hab ich schon so oft gehört, achtundvierzig mal, sagt mir mein itunes heute, und ich weiss welcher moment diese achtundvierzig und die vielen anderen male, die male in den clubs und auf den partys und des nachts vor mtv in meinem kopf war, nämlich der moment, an dem ich dieses lied zum ersten mal gehört habe. schon damals hab ich weisst du, was du mir bedeutest? | auf einem platz in meinem herz | steht dein name an der wand, und ich will, dass du es erfährst mitgesungen, und eine gute stunde später sang paul smith i sleep with my hands across my chest and i dream of you with someone else und this can't go on, so i should just, regret it, regret it, regret it. und beides gehörte zu dem satz von thees ullmann über den namen auf der wand dazu, und ich habe den song und überhaupt alles erst in diesem moment verstanden, concert epiphany, mit der dunkelhaarigen frau neben mir, bei der ich mich nach dem konzert bedankt habe. besonders schön natürlich, dass das lied dem, dessen namen da stand auf dieser wand in meinem herz, etwas vollkommen anderes bedeutet, etwas in dem ich nicht vorkomme, und ich mich auch noch für ihn freu, dieser tage, natürlich, weil das so ist bei menschen deren namen man mal auf wände geschrieben hat. also das erste lied dieser cd nicht anhören. ich skippe, aus versehen, über 'so soll es sein' hinweg. du sagtest wir verlieren die stärksten und schönsten söhne der stadt singt thees deswegen als erstes in meine ohren, stereo, schön laut. ich entschuldige mich für alles, was ich in trümmern hinterliess | aber nicht für meine bildung | und nicht für dieses lied. und dann geht er los, der kleine beat, und ich stehe im saturn und mir wird kalt, obwohl es doch viel zu warm ist hier, gänsehaut, welch ein klischee, und dann schleichen sie sich hoch von meinem bauch in meinen hals, die tränen, oh, kitsch, oh du-meine-standardreaktion. ich entschuldige mich für die trümmer die ich hinterliess, wie das nur immer wieder passt und immer wieder passiert, das war nicht so geplant. ich glaub ich hör trotz dieser überreaktion tatsächlich das halbe lied. ich fragte nie nach erlaubnis | ich fragte mich nur wo du bist. auch das hab ich schon gehört, live, an diesem spätnachmittag im sommer, aber so konzentriert auf den ohren, heute, nach vorgestern, nach dieser woche, nach den letzten fünf monate, dreivier versuchte verknalltheiten, zweieinhalb trümmer und unendlichspannendunendlichunmöglich später, mit noch mehr desillusionment, ist es noch wieder anders, und einfach zu viel, viel zu viel. weiter, den rest vom lied skippen. der skip knopf an diesem cdprobehörthekencdplayer ist kaputt, oder so, schon wieder eins zu weit, über 'new york' hinweg, und thees singt walter gibt gail einen kuss und ich lass ihn singen bis den ganzen weiten weg bis zu dir hier her und dann drück ich den 'open' knopf am cdprobehörthekencdplayer, denn das muss aufhören hier, kürzestes cdprobehören ever, viereinhalb minuten einer vierzig minuten cd. ich weine, und zwar so richtig, bei saturn, an der cdprobehörtheke, wegen thees ullmann und der grossen geste und all dem kaputten und dem schönen und allem überhaupt.
also zur kasse und raus, und draussen, da schneit es, nur ein bisschen, und das kopfsteinpflaster ist rutschig und ich geh nach hause, treppe hoch, tür auf, jacke aus, cd an, 'ich sang die ganze zeit von dir' skippen, aber den rest einfach laufen lassen, und die tränen auch und dann achtunddreissig minuten und achtzehn sekunden lang weinen, während thees ullmann singt. nach den achtunddreissig minuten fängt die cd von vorne an, mit 'ich sang die ganze zeit von dir' und ich weine immer noch, und irgendwann ruft susa an, und versteht es, dabei mag sie selber musik mit deutschen texten so gar nicht, und irgendwann viel später schlaf ich ein, in allen klamotten und make-up resten und schwarzen streifen im gesicht und insgesamt ganz seltsam glücklichtraurigsehnsüchtig.
sollte mir wohl peinlich sein, meine totale überreaktion auf das konsensalbum dieses jungen jahres, sollte mir wohl peinlich sein, mein hang zu dieser abiturientenmucke, überhaupt mein hang zu dieser art gitarren, und dann auch noch auf deutsch, blablabla.
ist mir aber nicht peinlich.
ich mag, dass er die grosse geste mag, der thees, und dass er immer wieder gerade haarscharf an der peinlichkeit vorbeischrammelt oder auch mal vollkommen die peinlichkeit besetzt, und sich deswegen nicht schämt. ich mag sein mitteilungsbedürfnis, all das viele reden zwischen den songs bei konzerten, diesen riesentext im booklet, dieses dauernde selbsterklären. so bin ich doch eigentlich auch, das hab ich doch vor gar nicht so langer zeit auch immer gemacht, nur jetzt bin ich so ruhig und still und selbstzensiert, seit monaten, und ich erzähl niemandem mehr etwas, und erklär gar nichts mehr, niemand kann wirklich mit mir zusammen sein wollen, weil mich niemand kennt, weil ich nicht gekannt sein will. und das wenige das ich sage wird genau deswegen dann auch noch missverstanden.
und was mich so umhaut, bei tomte, und ganz besonders bei diesem album, das ist thees' absolut hemmungslose offenheit, offenheit glücklich zu sein, tiefgründig glücklich zu sein und geradeheraus. was er da singt, auf diesem album, das ist vollkommen konjunktivfrei. da ist kein einziges vielleicht, alles ist vollkommen klar und gerade. ich werde dich sehen weil ich es will. so soll es sein | so war es erdacht und du wirst nicht vergessen sein. nur um einmal hier zu stehen | an einem punkt an dem einem alles gefällt. es ist ein gutes gefühl zu sagen |wir kennen uns noch in zehn jahren.
und das wirft mich um, weil um mich rum und in mir drin alles ein einziger konjunktiv ist, alles. da ist dieser mann, den ich sehen will, und kennen will, und will, ganz einfach, aber ob ich das werde, irgendwas davon, damit hab ich recht wenig zu tun, und deswegen will ich das alles gar nicht erst richtig wollen. natürlich ist alles gut, im grossen und ganzen, natürlich. alles ist intensiver als je zuvor, besser als letztes jahr, besser als vor fünf jahren, und meine prioritäten sind richtiger als früher. nur ist es eben immer nur gut für lauter kleine einzelnen momente, da ist kein grosser plan, kein wissen über und kein vertrauen auf das grosse ding über allem, keine romantische liebe, kein großes gefühl, kein wirkliches teilen, nur diese flüchtigkeit, die sehnsuchtshangover verursacht, für wochen. 'mehr' sag ich morgens immer, 'mehr', und 'mehr' gibt es dann für eine kleine weile, aber eigentlich nicht wirklich, und mein 'mehr' macht dann auch gleich noch angst, weil es sich so anhören muss, als würde ich heiraten wollen, was ich so gar nicht will. wo ich doch nur ein bisschen mehr will, von dem moment und dem gefühl.
wollte ich denn nicht früher mal einer dieser menschen sein, der ein teil von einem paar ist? und warum hat das nie funktioniert und warum weiss ich so genau, dass es gerade erst recht nicht funktionieren würde?
ich verlasse mich auf nichts mehr, ich benenne nichts mehr, weil ich sowas von daneben gelegen habe, so sehr betrogen wurde, als ich das letzte mal auf etwas vertraut habe, als ich zum ersten mal wirklich auf etwas vertraut habe, und zwar vollkommen. heute vertraue ich auf nichts, noch nicht mal auf mich. ich nehme immer das schlimmste, das absurdeste an, und liege meist noch nicht mal daneben, und wenn doch, dann merke ich das noch nicht mal. 'sag mal, wie heisst du eigentlich noch mal?', an dem einen freitag morgen der vollkommen passende witz, nach all dem was war, und dem was sein könnte aber nicht sein wird, vollkommen lustig, wäre er nicht vollkommen an mir vorbeigegangen, dieser witz, selten so unsicher und abgefuckt ausgesehen, mich selten so unattraktiv gemacht für jemanden.
fuck that konjunktiv in my head. es ist zeit ihn loszuwerden.
vielleicht ein bisschen mehr thees singen hören. so für den anfang. und dann mal wieder mehr reden. und schreiben. und machen. und fühlen.
wenn man nur wüsste woher man kommt | wenn man nur wüsste | wohin es einen unweigerlich führt | und wann du mich das nächste mal berührst | mit den schönsten songs der welt | durch das schönste aller leben