Donnerstag, 19. Januar 2006

forty-love. [not quite.]

matchpoint
vor dem film, nach der tumben, nichtfunktionierenden werbung für safer sex ein hässlich geschnittener trailer mit hässlicher musik und hässlich gemachten deutschen schauspielern (moritz bleibtreu, christian ulmen, franka potente, nina hoss), produziert von bernd eichinger, dessous an celluliteschweren ärschen, eine geschichte von zwei brüdern, corinna harfouch sitzt hinter einem schreibtisch, mit herrischem blick, da gibts sicher mutterkomplexe, galore, blablabla, was das für ein hässlicher film wohl wird, 'muss man den jetzt sehen wollen?' fragt matthias rüber, und dann doch endlich der titel des films: elementarteilchen. oh je. ja, den muss man sehen wollen, offensichtlich. nein, das sieht nicht gut aus, bisher.
und dann match point. oh je, oh je.
er ist schlecht, dieser film, nicht zumrausgehenschlecht, aber schlecht, sehr schlecht, furchtbar schlecht. schlechte dialoge, schlechtes tempo, schlechte charaktere, schlechte bildhaftigkeit, schlechtes alles.
das einzig nette daran ist das highsmitheske, das tomripleyhafte an ex-tennisprofi chris wilton. dieser mann hat upward mobility, dieser mann kalkuliert, dieser mann fühlt nicht so sonderlich viel, dieser mann liebt die oper nicht, und dostojewski liest er mit reading companion, damit er sich mit dem schwiegervater in spe darüber unterhalten kann und er hat erst auch noch, klischee, klischee, dieses armerjungekleidungsdilemma, nur ein anzug, den er ohne krawatte sowohl in die oper als auch zur sonntagnachmittäglichen crocket & cocktail party anzieht, und später kauft er cashmere pullis von ralph lauren, als cashmere schon lang passé ist. aber er weiss, was er will, nämlich mehr als er hat. er romanced unleidenschaftlich aber zielgerichtet mit chloe rum, braves, langweiliges, unendlich ödes kleines reiches mädchen, und das ist alles ziemlich langweilig und jonathan rhys-meyer macht das gut, macht ihn gut, den emotionslosen mann der nach oben will, und zwar ohne arbeit.
dann kommt da aber plötzlich nola daher, scarlett johannsson typecasted als voluptous femme fatale, kurzzeitverlobte von chloes bruder tom, und uh, natürlich sind sie beide heiss aufeinander, sofort, nola und chris. später dann die vielleicht schönsten paar minuten in dem ganzen film, eine pubunterhaltung zwischen chris und nola, schwager und schwäger in spe, die beiden lower-class outcasts in der reichen famile in die sie einheiraten wollen, nola betrunken und verzweifelt und gebrochen und spannend. das sind ein paar interessante momente. davon abgesehen ist scarlett johannsson sehr leer in diesem film, wie am anfang von lost in translation, da wo sie ist sind ihre lippen und ihre hüften aber sonst ist sie leer, die leinwand, ein bild, keine aktion.
sonst gibt es da nicht viele schöne momente in diesem film. die dialoge sind schlecht und klischee-beladen und tun körperlich weh ("es tut mir leid! sie waren nur kollateralschaden!"). man könnte meinen, sie seinen in der ersten kursstunde von screenwriting 101 an einem schlechten filmcollege im mittleren westen entstanden; aufgabe verteilt: ein drama in der britischen oberklasse schreiben. aber viellicht soll das so sein, denn in einer hinsicht passt das sehr gut: als nola und chris schliesslich in der für chris ausserhelichen affäre drinhängen, da haben sie diese klischeeunterhaltungen, die dummerweise ganz wahr sind, ganz real, weil menschen in ausserehelichen beziehungen einfach diese schlimmen unterhaltungen haben, diese ichwarteaufdich, ichverlassesie, ichliebedich blablabla unterhaltungen und dazu den sex der so anders ist als zuhause, vornachwährendderarbeit, die augen mit der krawatte verbunden. schönes bild, so, aber kaum auszuhalten. ich habe die ganze zeit gelacht, ob der lächerlichkeit des realismus, den woody allen da so an den tag legt, ewiges altes thema, ja ohnehin, das fremdgehen, und sehr lahm, nach einer weile, wie im echten leben halt auch, denn unehrlichkeit und lügen und egoismus sind nun mal hässlich und deswegen auch hässlich anzusehen, im film und im leben.
dumm dann halt die momente, in denen woody allen der realismus verloren geht, wenn der fremdgehende ehemann die geliebte auf der strasse fast vögelt, mit ihr konversierend im fenster eines cafés sitzt, und im eifer des gefechts so viel babyöl über sie rüberschüttet, während er auf ihr sitzt, dass ich mich zuschauend so frage, wie er seiner ehefrau die ölflecken auf der hose erklärt. nee, so ist das nicht, woody, so lang ist es doch noch nicht her mit dir und soon-yi, damals als ihr mia betrogen habt. nervig auch der kleine continuitiy fehler an der tate modern, denn chris geht unten in die haupthalle rein, aber wir sehen ihn in der tate zuerst, als käme er von der thamesbrücke. nervig auch das fertilitätsblabla zwischen chris und chloe, denn sorry, basaltemperatur muss man als erstes nach dem aufwachen messen, noch im bett liegend, nicht beim frühstück und das mangelhafte tennisspiel von chris wilton ist auch nicht besonders glaubhaft. so kleinigkeiten stören mich.
ausserdem stört mich, dass in match point einfach niemand wirklich sypathisch ist, bis auf nola für ein paar minuten vielleicht, denn alle sind klischees, eindimensional, dumm in ihrer vermeintlich hohen bildung und nicht wirklich interessant, auf dauer. alle sind leer, so leer und chris wilton ist eben nur tomripley-eske, und nicht tom ripley, ihm fehlt die tiefe, und die verzweiflung, man glaubt jonathan rhys-meyer das alles nicht so unbedingt.
als nola von chris schwanger wird, wie das so ist, wenn man als fremdgehender ehemann zu hause die verpflichtung hat, die ehefrau zu schwängern, nach terminplan, da versucht er sich als ripley und macht das dann recht geschickt und durchdacht, von der absurdität eines andrew lloyd webber alibis in der britischen high society mal abgesehen. ausserdem würde ich vermuten, dass theater in london heutzutage sicher metalldetektoren in den garderoben haben, aber das nur am rande.
spannend wird es da, für ein paar minuten, nachdem nola schwanger ist und unberechenbar wird, chris anruft, bei den schwiegereltern zuhaus und überhaupt, ihm vor dem büro auflauert, forderungen stellt. sehr telling, sehr real, dann auch der moment, in dem nola versteht, dass chris auch sie belogen hat, wie das halt so ist, bei menschen die fremdgehen, einmalgleichimmer und so. sehr telling auch, als chris realisiert, dass nola die macht hat, als geliebte, und dass er sie, schwanger, verzweifelt, plötzlich unberechenbar, nicht mehr kontrollieren kann, und alles zusammenzubrechen droht, sein ganzes beschauliches, durch hartes anbiedern erarbeitetes leben in der high society. seltsam, dass männer selten oder spät oder nie realisieren, dass sie sich ja zu den marionetten ihrer geliebten machen, extrem erpressbar werden, wenn sie ihre ehefrauen belügen und betrügen. all die abzutreibenden embryonen, die umzubringenden nachbarinnen, die freundinen die alles wissen, die tagebücher, all die telefone, die man zu kontrollieren hat, ach, diese multimediale zeit! chris wilton wird dann sehr konsequent, als er das kapiert, denn er liebt sein sicheres leben mit der harmlosen ehefrau und dem geld des schwiegervaters und der wohnung mit blick auf westminster mehr als die mittlerweile vor sehnsucht und abhängigkeit leicht psychotische erfolglose schauspielerin und den wilden sex mit ihr. mehr praktisch an seinen vorteil denkend als emotional fühlend, der mann, so an sich, aber sicher doch.
match point fängt an mit einer aus dem off von chris gesprochenen überlegung dazu, dass der zufall im leben, das glück, viel wichtiger sei, als menschen das wahrhaben wollen. er redet von dem moment, in dem ein ball das tennisnetz streift,und auf jede der seiten des netzes fallen könnte. deswegen ist das ende, dass eben diese theorie bestätigt zwar nicht unbedingt logisch, nicht moralisch, nicht befriedigend (denn wann ist die wahrheit schon mal befriedigend?), aber konsequent und wahr. immerhin für einen kurzen moment. immerhin etwas.

[und abschliessend bemerkt: grässlich enttäuscht wg. vorfreude nach einer halbenhandvoll guter reviews. der nächste match point auf den ich mich freu ist der, den ich verschlafe, während neben mir jemand enthusiastisch die australian open guckt.]