Montag, 2. Januar 2006

entertainment & pain. [my kind of neujahrskonzert.]

throbbing gristle.
gehen wir mal in die volksbühne, vollkommen übernächtigt, rest-betrunken und nach silvesternacht (manspürtwienieinsichdiemachtderphantasie) stinkend hungrig. gehen wir mal zugucken, was eine legendäre, wegweisende band so macht, wenn sie geld braucht sich demontiert kunst macht, zum ersten mal seit 25 jahren. dresscode: dunkel. herr l. bemerkt, immer noch ein wenig vom vorabend enttäuscht, die abwesenheit der erwarteten uniformträger. ich bemerke hübsche whimpster, die herr l. kennt. der herr s. bemerkt hübsche fotografierenden französinnen die 'man' wohl so kennt, denn die 'szene', sie ist ja klein, und susa bemerkt, dass viele leute arg abgelebt aussehen. dann bemerkt sie noch den hyperattraktiven endfünfziger thomas mann lookalike, der gerade eben noch am nebentisch im keyzer soze gesessen hat, und zu seinem gehrock bondage pants aus anzugstoff trägt, mit so reissverschlüssen hinten, bis zur schenkelmitte hin. sauheiss. bisher unerkannter fetisch vorliebe: alte männer in halbversteckter punkslashfetisch kluft. passt ein bisschen zu meiner kurz vorher susa gegenüber getätigten aussage, dass es uns gut täte, das alter der zielgruppe ein bisschen nach oben zu setzen. herr s. informiert, dass dieser herr am abend vorher teil der vorband war. aha. ich spekuliere währenddessen über die sexuellen vorlieben eines mannes, der ende fünfzig so industrial mucke macht und bondage pants trägt. hach. insgesamt ist das eine seltsame mischung, dieses publikum. artsy farty meets dunklesberlin meets overseasundüberticket meets irgendwas. aha. aber egal. wie gut, dass diese angelegenheit nur fünfzigundeinpaar minuten dauert, denn viel länger hält man es auf den sau-igen klappsesseln der volksbühne auch nicht aus. es wird dunkel, und die damen(n) und herren throbbing gristle kommen auf die bühne. man trägt laborkittel und nimmt platz an gegenüberstehenden tischen, die dame(n) rechts, die herren links, da sind drei hübsche laptops der marke apple, eine e-geige, eine gitarre, zwei keyboards, und diverse knöpfe. kann man alles nicht so genau sehen, ist ja dunkel, und ausserdem soll man ja auf den film gucken. der film fängt dann auch an, und damit dann auch die musik. schauen wir uns einen artsy film ohne handlung und struktur an, hören wir dazu ambient musik, die wohl live improvisiert wird, oder auch nicht, denn vielleicht machen die herren sleazy und carter da auch gerade ihre steurerklärungen oder berechnen, was die berlin extravaganzen ihnen auf die konten gespült hat, sieht man ja nicht, was die da machen, an ihren hübschen laptops. aber schauen wir uns mal 'in the shadow of the sun' an. derek jarman. frühwerk.
throbbing gristle. [in the shadow of the sun.]
das ist creepy und ritualistisch und zirkulär. extrem verlangsamte mit super 8 gefilmte szenen aus den siebzigern, vielleicht theaterproben oder so, die assoziativ gesehen gewaltätig und böse und undurchdringlich sind, dazu farben und verfremdung und wellen und feuer. die musik dazu passt, weil auch irgendwie strukturlos aber trotzdem zirkulär und nach einer weile raune ich herrn l. rüber, ob er mir denn wohl raushelfen wird, falls ich eine panikattacke bekommen sollte. ich weiss gar nicht, wo die so plötzlich herkommt, die beklemmung, aber so restbetrunken und übermüdet und vollkommen wired auf so allerlei dingen, da reagiere ich hypersensibel und zitter so ein bisschen vor unwohlsein. diese unterschwellige gewalt und masken und bässe machen, dass alles vibriert, uh, weniger, nein mehr, hilfe, aber schon toll, so. musik und macht, etc. problematisch ist allein die tatsache, dass ich mehr sehen will, beziehungsweise es gewöhnt bin, mehr zu sehen, weil ich mir so ambient kram ja nie live angeguckt hab bisher, und die extrem verlangsamten e-geige aktivitäten von gpo (den/die ich herrn l. gegenüber nach dem konzert als 'die grauhaarige dame da vorne' beschreibe) und das dieganzehandaufskeyboardlegen von cosey just don't quite cut it, so performance wise, aber man soll ja auch gar nicht die band angucken, sondern den film. nervtötend allerdings eins, beim konsum dieses film/musik mixes: das tumbe publikum. kinder, lasst es euch gesagt sein: macht den fucking blitz an euren kompaktkameras aus, beim konzertfotografieren. das bringt nix, weil er eh nicht bis auf die bühne reicht, und wenn er das macht, dann sehen die bilder meisst scheisse aus. ausserdem reflektiert so eine filmleinwand und deswegen sieht man dann gar nichts auf dem photo aber vorallem MACHT DAS DIE STIMMUNG KAPUTT, ihr IDIOTEN! susa hält derweil ein nickerchen, für das sie 50 cent pro minute bezahlt hat. so insgesamt aber, da ist das alles aber sehr gut, so, interessant und edukativ und (aua) historisch. wilde performance erst am ende, als gpo eine wasserflasche vom tisch stösst, ich glaub das war nicht intentionell, und frage mich, ob man das wohl auf der liveaufnahme des heutigen abends hören wird. oh, the excitement. und dann ist das schon vorbei, sind ja auch kurz, fünfzigundirgendwas minuten. in der reihe vor mir springt jemand sofort in die stehende ovation hoch, aha, ich muss das erst sacken lassen, und bleib sitzen und ärger mich ein bisschen, weil ich mich nicht angemessen vorbereitet hab auf diesen abend, und so müde bin und überhaupt auch gar nicht so im richtigen mindframe für so experimente. später dann processing und rumhängen, was zu essen erjagen, immer noch nicht reden können, heimfahrten erbetteln und im auto einschlafen und susa's hand dabei besabbern und zu hause endgültig ins koma fallen und dann sehr angenehm träumen, glücklicherweise nicht von den ritualen des derek jarman. band nicht mit nach hause genommen. aber die sind ja doch ein bisschen arg alt aus der zielgruppe raus, und man selbst ist ja auch müde, nach zwei nächten, die eigentlich nie aufgehört haben.
[schlussbemerkung: aussage übrigens leider widerlegt. volksbühne ja ausverkauft, seit monaten und so, blabla, etc.]