sometimes you can't make it | best you can do is to fake it | sometimes you can't make it on your own
er singt für und über seinen an krebs gestorbenen vater, über die ähnlichkeit zwischen ihnen beiden, über schwäche und stärke und die liebe zwischen eltern und kindern, während mein eigener vater auf eine bypass op vorbereitet wird. ich kniee in der mitte des elterlichen wohnzimmers auf dem kashmiri seidenteppich, und weine, und zwar hemmungslos, während bono so singt. das passiert einfach so, ungeplant und uninszeniert. ich singe mit und weine und weine und weine und weine und höre nicht mehr auf. weil ich angst um meinen vater habe, und um meine mutter, die in panik um ihn ist und kaum noch funktioniert, seit wochen schon. ich realisiere, auf einer ganz banalen ebene, dass er sterben kann, mein vater, heute, gleich, oder in den nächsten tagen, dass sein herz nicht schlagen wird für eine weile, während die chirurgen die bypässe setzen werden, und eine herzlungenmaschine stattdessen arbeiten wird, und dass sie seinen brustkorb aufsägen und wieder zusammenklammern werden. er erscheint mir fragil, in diesem moment, mein vater. mein vater, der mein ganzes leben alles war, aber nie fragil. mein vater, der mich als kleinkind wie ein wal durch das mittelmeer gezogen hat, während ich mich an seinen schultern festhielt. mein vater, mit dem ich im eiltempo meine wohnung grundsaniert habe, der jede einzelne der hässlichen platten an der decke meines zimmers dreimal weiss überstrichen hat, und der des nachts noch das regal in meiner küche gelb lackiert hat. mein vater, der in den frühen achtzigern der einzige vater war, der auf kindergartenfahrten als begleitung mit dabei war. mein vater, der den rockigsten kindergeburtstag geschmissen hat, den ich je hatte, im aquazoo in düsseldorf. mein vater, der nicht geschrien hat, nachdem ich es geschafft hatte, innerhalb von 48h sowohl den opel corsa als auch den bmw 316i zu demolieren. mein vater, der auf dem verkehrsübungsplatz immer mitgebremst hat, und so untypisch geduldig war. mein vater, der es nicht mag, dass ich ihn seit fünfzehn jahren bei seinem vornamen nenne, und nicht 'vater', oder 'papa'. mein vater, mit dem ich heutzutage so wenig zu reden habe, der so schnell laut wird, der so dickköpfig ist und so verbohrt und so eifersüchtig. und der so wenig redet, wie die männer die ich mir immer wieder aussuche. mein vater, dessen bockigkeit und sturheit und besserwisserei ich geerbt habe, genau so wie seine daumen und sein kinn und die vorstehende unterlippe. mein vater, der so oft 'karlsson vom dach' vorgelesen hat, dass er das buch auswendig kann. mein vater, der für meine kleidung zuständig war, als ich klein war, und der jedesmal wenn ich mir was neues zum anziehen kaufe sagt, dass ich zum letzten mal ordentlich ausgesehen habe, als er das noch bestimmen durfte. mein vater, der der beste 'wer wird millionär' joker wäre, den man sich vorstellen kann. mein vater, der immer tolle geschenke macht, weil er sich gut in andere menschen hineinversetzen kann. mein vater, den ich so oft enttäusche. mein vater, den ich liebe, wie man eben seinen vater liebt. aber eben nicht nur, weil er mein vater ist.
ich weiss in dem moment, dass ich eines tages ohne ihn leben werde und werden muss. nur nicht jetzt, denke ich, irgendwann wird das gehen, aber nicht jetzt, bitte nicht jetzt, er wird irgendwann sterben, weiss ich doch, aber nicht jetzt, nicht heute, nicht bei dieser operation. ich weiss gar nicht, wen ich genau darum bitte, irgendwen, aber ich kniee auf dem boden und weine um und für meinen vater und versuche gutes zu visualisieren; zuneigung und vertrauen gegenüber den chirurgen und ihren lang erlernten, hundertmal gemachten handgriffen, die guten wünsche, die so viele leute für meinen vater haben, und die liebe, und all das schicke ich in seine richtung, ins krankenhaus, nur ein paar kilometer entfernt. ich stelle mir einen stream of love vor, wie er von mir ausgehend über die stadt und die a59 hinwegschiesst, und bei ihm ankommt. irgendwann ist es vorbei, das weinen, ausgeweint, und ich reisse mich zusammen, und zwar total, und höre mit dem zusammenreissen die nächsten vier wochen auch nicht mehr auf, bis ich an heiligabend allein in einem hotelzimmer in bad oeynhausen stehen werde, wo er in der reha ist, und bacardi rigo trinken werde, allein. ich stehe vom boden auf, ich mache bono aus, ich dusche, und ziehe mich an, und trage make-up auf, und fahre in die buchhandlung, wo ich genau dann ankomme, als die operation ungefähr losgeht, und wo meine mutter hektisch wie ein eingesperrtes tier rumläuft. ich bin überruhig, als totaler gegenpol zu ihr. auch dann noch, als sie nach drei oder vier stunden anfängt, davon zu reden, dass sich die intensivstation schon längst gemeldet haben müsse, als sie zwischen den zeilen sagt, dass was schlimmes passiert sein müsse, dass mein vater vielleicht tot sein könnte, und ich erfinde ein plausibles, non-threatening szenario nach dem anderen, warum so eine operation länger dauern könnte, um sie davon abzuhalten, schon dort anzurufen. ich habe angst um sie, um meine mutter, die nur noch aus panik zu bestehen scheint, panikpanikpanik, um sie herum flackert rotes notfalllicht. und ich sehe, vielleicht zum ersten mal, zumindest aber zum ersten mal seit langem, die tiefe verbindung zwischen meinen eltern, zwischen meinen seit mehr als dreissig jahren verheiraten eltern. ich hatte vergessen, dass sie da ist, diese verbindung. sie will auch nicht ohne ihn leben, das sehe ich. was sie gerade erlebt ist nicht so anders als das, was ich heut morgen mit bono rausgelassen habe, allein. hätte ich das nicht gemacht, könnte ich jetzt nicht so ruhig sein, so vollkommen leer und klar und hart und logisch. irgendwann kann ich sie nicht mehr abhalten, und sie ruft auf der intensivstation an, und zwar genau in dem moment, in dem mein vater dorhin gebracht wird. die nächste halbe stunde ist die schlimmste, weil sie nicht mehr weiss als diesen einen satz, weil die krankenschwester aufgelegt hatte, während ich versuche ihr zu erklären, dass es zeit braucht, einen patienten zu übergeben, und noch ein wenig später klingelt das telefon endlich und ihr wird gesagt, dass alles gut gelaufen ist. und dann weint sie, ein bisschen nur. später kaufe ich zwei stück sachertorte und wir essen, zum ersten mal seit tagen. ausatmen. am abend sitzen wir vor dem fernseher, ablenkung, galore, und da klingelt das telefon, und mit krächziger stimme sagt jemand 'hallo', und meine mutter meint es sei ein bekannter, fragt 'horst?' aber nein, es ist mein vater, vor minuten erst extubiert, ganz heiser. aber am leben. repariert.
das war heute vor einem jahr. die tage danach waren nicht einfacher. ich habe meinen vater danach noch viel fragiler gesehen, als ich das je erwartet hätte. weinend, depressiv, mit schmerzen, aufgeschnitten und zugenäht und zugedrahtet und verletzlich. alt. ich hab seine hand gehalten während er geweint hat, und hab ihm gut zugeredet. ich hab ihm erzählt, dass die depressionen nach so operationen wieder vorbeigehen, ohne im zu sagen, dass ich sehr genau weiss wie sie sind, so depressionen. ich hab nicht geweint, dabei waren sie immer da, die tränen, weil ich so erleichtert war, dass es vorbei war, und so verstört, weil er so anders war. ich hab mit ihm atemübungen gemacht und ihm in den pyjama geholfen und ihm strümpfe angezogen und bin mit ihm über den flur geschlichen, als er wieder laufen konnte und hab seine narben bewundert. wir waren uns nah, näher als sonst, mein vater und ich, für ein paar tage, nur, aber das ging vorbei, während er wieder gesund wurde, jeden tag ein bisschen mehr, jeden tag ein bisschen mehr his usual self. ich wäre ihm gerne näher geblieben. kleines bisschen nur.
tough, you think you've got the stuff
you're telling me and anyone you're hard enough
you don't have to put up a fight
you don't have to always be right
let me take some of the punches for you tonight
listen to me now
i need to let you know
you don't have to go it alone
and it's you when i look in the mirror
and it's you when i don't pick up the phone
sometimes you can't make it on your own
we fight all the time, you and i
that's alright, we're the same soul
i don't need, i don't to hear you say
that if we weren't so alike
you'd like me a whole lot more
listen to me now
i need to let you know
you don't have to go it alone
and it's you when i look in the mirror
and it's you when i don't pick up the phone
sometimes you can't make it on your own
i know that we don't talk
i'm sick of it all
can you hear me when i sing?
you're the reason i sing
you're the reason why the opera is in me
and hey now, still got to let you know
a house doesn't make a home
don't leave me here alone
and it's you when i look in the mirror
and it's you that makes it hard to let go
sometimess you can't make it on your own
sometimes you can't make it
best you can do is to fake it
sometimes you can't make it on your own