Montag, 28. November 2005

do you want to come over and kill some time?

amy millan.[stars.] torquil campbell.[stars.] evan cranley.[stars.] setlist.[stars.]
also spontan nach zürich fahren, um an einem abend gleich zwei lieblingsbands anzugucken. dazu erstmal alle regeln, konventionen und vorsichtsmassnahmen bezüglich erster offlinetreffen über den haufen werfen. macht ja auch viel mehr spass, das leben, so auf unvernünftig. hurra. in zürichs haupteinkaufsstrasse gibt es diese adventszeit zum ersten mal eine -ichwageskaumzuschreiben- moderne weihnachtsbeleuchtung. das konnte ich bei meinem zugnachbarn von basel an schon im tagesanzeiger mitlesen, und krieg es denn auch gleich selbst zu sehen. ausgesprochen künstlerisch das ganze, und ausgesprochen hässlich. ich kann weihnachten zwar nicht leiden, aber ich hasse es dann doch nicht so sehr, dass ich zur weihnachtszeit ein paar hundert riesengrosse leuchtstoffröhren senkrecht in einer reihe in einer fussgängerzone aufhängen, und die dann auch noch in unregelmässigen intervallen dimmen würde. davon abgesehen ist zürich aber immer noch zürich: uhrengeschäfte, grosse autos und schuhgeschäfte. bei sothebys eine auktion 'schweizer kunst', aber nein, deswegen ist man ja nicht da. sich auf dem weg zur lokation, dem volkshaus, nur ein bisschen verlaufen, es aber dann endlich finden, und auch noch was zu essen dazu. merke: vielleicht ist es keine gute idee während einer kurdischen demo in einem türkischen imbiss zu sein. merke auch: beim bier aus dosen trinken ist man nicht fotogen. klein ist das volkshaus, und hübsch, ein altes theater, fifties galore, so mit rang, ganz romantic, und discokugel und so. fein, fein. nicht so fein, nur, dass sie a) sir quimbo die eos nicht mitreinnehmen lassen; b) der bloc party merch stand keine buttons verkauft; c) es keinen merch stand von den stars gibt; und d) ein bier sechs franken kostet. aber zumindest letzteres war ja zu erwarten. davon abgesehen ist es perfekt. noch nicht so viele leute da, man kann ganz bequem ganz vorne stehen an der barrikade vor der bühne, tim scott, whoeverthatwasanyway, verpasst, egal, und die bühne wird gerade vorbereitet, für die stars, und da ist auch schon einer der coolsten bassisten die ich je gesehen habe: evan cranley. heute mit bisschen weniger ähnlichkeit mit leslie mandoki als im august, denn bart und haare sind kürzer, aber er trägt wunderbar hässliche weisse enge klamotten. hach. und dann, die ersten sechs franken sind noch nicht weggetrunken, da geht es auch schon los. rauf auf die bühne: der keyboarder, der aussieht wie ein englischlehrer, die geigenfrau, die aussieht wie eine pädagogikstudentin, der whimpsterige gitarrist, der drummer mit iro und trainingsanzug, und natürlich der bassist, und dann auch torquil campbell und amy millan, die heute viel weniger nach achtziger jahre mädchenband frontfrau aussieht als in köln. mit 'going going gone' erstmal ein bisschen was ruhiges zum warmwerden. der typ der den mix macht, braucht auch was zum warmwerden, offensichtlich, denn beim ersten song hört sich das alles noch ein wenig bescheiden an. 'hello, we're the stars.' sagt torquil. hach. weiss ich doch. i'm caro and this is my heart. 'if there's nothing left to burn, you have to set yourself on fire' sagt er als nächstes, und dann macht das keyboard dieses fiepige intro, und torquil und amy stehen da nebeneinander auf der bühne und machen dieses kollektive kopfschwingding rechtslinksrechtslinksrechtslinks, das sie in köln auch schon immer gemacht haben. hach. 'there is only one thing, there is only one thing.' bevor sie mit dem lied fertig sind haben sie mein herz schon mindestens eine halbehandvoll mal gebrochen und ich hab dazu schon jetzt muskelkater im gesicht, weil ich so verdammt viel lächel vor glücklichsein. hach. dann 'soft revolution', mit diesen wunderbaren lauten multiinstrumentalen refraindingern dazwischen. hach. armeschwingen und hüpfen tut man dabei. was heisst man: also ich. mittlerweile ist das publikum rangerutscht an die bühne, aber ausser mir hüpfen nur der typ mit der feder im mund und so ein paar englische kids, zwei meter rechts von mir. und natürlich torquil, ausser wenn er gerade trompete spielt. oder hustet. der herr sänger ist nämlich dummerweise erkältet, und zwar richtig. geht aber alles noch bei 'reunion', das kommt als nächstes, und ist goldig, weil inklusive extraviel gestik und schauspieleinlagen bei 'and when i reached to touch your hand, you stroked mine - gently'. 'all i want is one more chance to show you you were right for me, you were right for me' singe ich mit, aber meine es kein stück. your fucking loss. dann 'elevator love letter', mehr armeschwingen, mehr hüpfen, und der herr keyboarder grinst mich dabei an; hoffentlich, weil ich mich so obviously freue, und nicht weil ich beim freuen so lächerlich aussehe. 'this is a song about the person you hate the most' kündigt torquil an, und ich erwarte 'he lied about death', aber hmmm, violine, und dann 'god, that was strange to see you again' und das ist gross, natürlich ist das gross, vorallem mit diesen drums. torquil schafft es leider gerade nur so eben durch die erste strophe, der arme, revenge of the cold, und geht dann zum husten von der bühne und kommt erst wieder angerannt, als es zeit wird für das erste echte duett. armer kerl. der song ist süss und ernsthaft und schmerzhaft und wunderbar und die zwei meter abstand die amy und er die ganze zeit halten passen genau, so wie das anfassen vorhin auch gepasst hat. 'there's one thing i have so say, and so i'll be brave, you were what i wanted, i gave what i gave, i'm not sorry i met you, i'm not sorry it's over, i'm not sorry there's nothing to save' singt amy, und das singe ich mit, und meine es auch, und das ist gut, und zwar alles. 'your ex lover is dead,' sagt torquil am ende. wie oft sie zu dem zeitpunkt schon mein herz gebrochen haben weiss ich da schon nicht mehr; ich hab aufgehört zu zählen. 'what i'm trying to say' danach ist hüpfenhüpfenhüpfen und gesichtsmuskelkater schlimmer machen, weil keyboard content und so, und dann haut der herr bassist mal rein, und zwar so richtig, und das schwummert im magen, und es ist 'one more night', wie passend, mein persönlicher lieblingsnichtlovesong des jahrens. amy reibt sausexy ihre nichtkleinen hüften am mikrofonständer. hmmm. hübsch. 'when she's breaking his heart, she still fucks like a tease' singt torquil, und dieses schiefe kollektivgeräusch nach 'she'll never touch him again', ist live um so vieles besser als auf cd, natürlich, denn überhaupt ist das alles besser, größer, lauter, alles, und gut, sosososo gut. und dann 'ageless beauty' als gegenpol, wieder zum hüpfen und rumschwingen, und daran denken, dass es für immer verbunden sein wird mit dem rausgehen aus sylvia's wohnung mit susa zusammen, am tag nach dem wohnzimmergau, vollkommen verkatert und übermüdet und emo und hochqualitativ fragil, weil zwar geknutscht am vorabend, aber lange nicht genug, und in mutterlöwemode, weil jemand meiner susa weh getan hat und zu all dem trotzdem froh, auf diese komische art und weise, weil wir lächeln konnten trotz allem, wegen dieser musik, denn diese musik macht froh. jetzt gerade freu ich mich über das keyboard, und diese band, worüber auch sonst, und bei 'oceans won't freeze, so loosen your heart, underestimated, undefeated in this love, we will always be a light, you can see it on the surface' denke ich ganz feste an susa. und das wars dann schon, weil torquil ganz offensichtlich nicht mehr kann und hustend von der bühne läuft. die band baut dann selber ab, unglaublich, und die englischen kids nebendran und ich lassen unseren inneren fangirls und -boys freien lauf und rufen lob und fragen und schönes auf die bühne, was alles dankbar quittiert wird. und nein, amy und emily gehen nicht mit broken social scene auf tour. hmmm, schade. auf der setlist, die der keyboarder mir gibt stehen noch zwei lieder drauf, 'georgie' und 'calendar girl', das wär beides nett gewesen, schade drum. aber das war gut alles, sehr sehr gut. und es ist auch nicht spurlos an sir quimbo, der die guten stars ja gar nicht kannte vorher, vorbeigegangen. hach. mehr bier, bitte.
sivert høyem. [madrugada.] sivert høyem. [madrugada.] robert burås. [madrugada.] [please, can i strangle you with your indian scarf to make you stop?] sivert høyem. [madrugada.]
irgendwann, nachdem die stars fertig sind, wird es dann voll, und zwar rappelvoll, und man drängelt. mir wird erklärt, dass madrugada, von denen ich vielleicht drei lieder in meinem leben gehört habe, in der schweiz gottgleich verehrt werden. kurz darauf beginnt dann die live demonstration dieser verehrung. der 'crowd', größtenteils aus teenagern bestehend, dreht durch, als die herren madrugada auf die bühne kommen. mein erster eindruck: das ist die unholy alliance von tex perkins, elvis costello, lou reed und the cruel sea in den anzügen von interpol. so indie blues rock, irgendwo. fickmucke. und nicht die gute art fickmucke, die zum verführen, nein, das ist die musik, die die beiden baldnichtmehrlover aus 'one more night' laufen lassen, während sie das letzte mal vögeln, um sich gegenseitig wehzutun. das ist dark und brooding und laut und nicht schlecht, so eigentlich. der sänger hat sich den habitus von dave gahan, circa 'ultra', angeeignet, also drogenabhängig und prätentiös, und das ist schön anzusehen, natürlich. der bassist ist auch nicht schlecht. das problem dieser band ist allerdings einer der gitarristen. er hat locken und eine sonnenbrille auf, und einen dieser gelben indienschals um den hals, und nach zweieinhalb songs will ich ihn damit strangulieren, weil er einfach kacke spielt, psychedelische hendrix meets santana gitarren kacke, als solo, immer irgendwo dazwischen, vollkommen unmotiviert und kaum auszuhalten. dank ihm verschwimmen die songs auch alle zu einem einzigen brei. nicht so schön. das publikum aber, all die kleinen fünfzehnjährigen schwarzgekleideten schweizer, das geht ab, und zwar so richtig. hüpfenjohlenklatschenschreien, und das ist schön anzusehen. ich find es interessant, sowohl musikalisch, zumindest immer dann, wenn der gitarrist mit dem halstuch mal angenehmerweise ruhig ist, als auch kulturell: wie ist das wohl passiert, dass diese norweger so gross geworden sind, in der schweiz? spannend. als madrugada fertig sind, da hör ich leute neben mir sagen, dass sie jetzt eigentlich gehen wollen. wie bitte? gehen, bevor bloc party gespielt haben? wahnsinn. sir quimbo bringt mehr bier. hmmm. sehr gut. warten.
kele okereke.[bloc party.] russell lissack.[bloc party.][can i take you home, whimpsterboy?] gordon moakes.[bloc party.] yes, we're british. [bloc party's kele okereke likes his cuppa.]
und dann wird es dunkel, und dann wird das licht blau, und dann kommt kele auf die bühne und schwingt sich seine gitarre über und fängt mit diesem tollen gitarrenklimpern an, am anfang von 'so here we are' und mein herz geht auf, weil das ein tolles konzertanfangslied ist, und ich das alles doch schon mal gehört hab, vor einem halben jahr, an diesem freitag nachmittag in frankreich, in einem zelt, in toller begleitung. aber dieser ort ist noch besser, weil die intensität nirgendwohin abhauen kann, denn da sind wände, überall, und weil der wunderschöne kele nur zwei meter entfernt ist, und lächelt, und zwar breitest und non-stop. ich habe nach ungefähr drei minuten das dringende bedürfnis, seine oberarme abzulecken, oder sonstwas zu machen, bevorzugterweise sexuelle dienstleistungen jeglicher art durchzuführen. der crowd ist mittlerweile wahnsinnig geworden. ich steh vorne an der barrikade und hab meine tasche so um mich gewunden, dass sie zwischen meinen hüftknochen und der barrikade hängt, gegen die ich immer wieder pralle. es wird ungefährt so schlimm gepusht wie bei interpol in belfort, und ich klammer mich an der barrikade fest, und brech mir die fingernägel. kleiner preis dafür, kele's schweisstropfen abzukriegen. ich zahl ihn gerne. zudem mag es in der ersten reihe zwar eng sein, und weh tun, aber es ist mit sicherheit nicht so schlimm wie in den reihen zwei bis zehn. das erste lied ist noch nicht vorbei, und da ziehen sie schon leute über die köpfe hinweg raus. aber who cares? wegen dem was hier passiert geht man auf diese art von konzerten. was heisst man: ich. für dieses kollektiverlebnis, und das schreien und das hüpfen und die enge und das schwitzen und die blauen flecken und für die erschöpfung danach. bisschen wie sex. speaking of sex: wie kann es eigentlich sein, dass ich vergessen habe, wie geil und whimpsterig der gitarrist und der bassist von bloc party sind? ich will den gitarristen mit nach hause nehmen. und zwar dringend. die nächste stunde ist nur ein blur aus hüpfenhüpfenhüpfengröhlenhüpfen. ausserkörperlich, alles. 'this modern love' ist dabei natürlich orgasmisch, weil wahrwahrwahr und exorzistisch und der andere lieblingsnichtlovesong dieses jahres, ganz klar. und alles passt. der sound, die atmophäre im publikum, die auf der bühne, allesallesalles. und dann 'like eating glass' und 'helicopter' und dann gehen sie von der bühne. bleibt, jungs, bleibt! und sie kommen wieder und kele, guter brite, trinkt tee, und dann spielen sie noch 'two more years', 'the price of gas', 'tulips' und 'the pioneers'. das perfekte konzertschlusslied. 'all you need is....time.' der crowd löst sich schnell auf, sir quimbo hab ich vor ewigkeiten im gedränge des konzerts verloren, aber der ist ja so gross, der sieht auch in der fünfzehnten reihe noch gut. seine mütze liegt seltsamerweise plötzlich vor meinen füssen, und als ich sie aufhebe, ist er auch wieder da, ha, zu dumm nur, dass ich nicht mehr reden kann, weil meine stimme weg ist vom mitsingen. und dann gemeinschaftlich freuen und im rang sitzen und bier trinken und processing und dann schneefussballspielend durchs züricher rotlichtviertel zum bahnhof laufen und den letzten zug nach baden nehmen, das bei nacht ekelerregend niedlich ist, so mit der limmat und dem stadttor und öffentlicher kunst, die 'jetzt!' befiehlt, und dann zu hause das spinningrad bewundern und probe fahren, und musik und martini und in fremden itunes rumfuscheln und tugging und photos und konversationen über politik und über allem liegend die immerwiederschöne feststellung, dass alles gut ist. das leben, sowieso. alles nur eine frage der begleitung. und des soundtracks.