Montag, 30. Mai 2005

zwischendenzeilenleseschwäche.

"du bist eine chauvinistin." sagt ringo.

wir sitzen regengeschützt auf der fast leeren dachterasse von karstadt, kaffee trinkend, blick aufs münster vor puscheligen grauen wolken.

er hat mir nicht richtig zugehört letzte woche im schlappen, hat gedacht verknalltsein sei abkömmlich beim rebounden, und jetzt kriegt er den ganzen tag sms von einer frau von der er nicht mehr will als er schon bekommen hat.

das bett rieche nach ihm, sms-t sie ihm.

"mann, ringo, so geht das doch nicht," sage ich. "man sagt das doch gleich irgendwie. entweder one-night-stand oder verknallt. dazwischen is nix. dat muss klar sein."

[ringo stammt ursprünglich aus bottrop. mit ihm verfalle ich unter umständen schon einmal kurzfristig ins heimatliche idiom.]

"das sagst du so leicht."

"man sollte niemals mit menschen ins bett gehen in die man nicht verknallt ist, das ist schlecht für die seele, schlecht für das herz." erläutere ich

"das habe ich dann wohl nicht zwischen den zeilen gelesen am dienstag", sagt er.

"zwischen den zeilen, da steht viel, so viel." sage ich. "mit excel-denken kommt man da nicht weit."

"ich habe eine zwischendenzeilenleseschwäche." sagt er.

so sitzen wir da, schauen aufs münster und reden über musik und miami vice und über unpeinliche deutsche songtexte und bloggen und das leben und männer und frauen und kosenamen.
er kannte eine frau die ihren kerl 'stummelschwänzchen' nannte. sehr übel. "ich hätte sie im gegenzug 'hängetittchen' gerufen", sagt ringo. lachen.
ich erzähle davon, dass e. und ich uns nur 'männchen' und 'weibchen' genannt haben, damals. ringo nennt frauen die er liebt 'spatzl'. das käme kurz bevor er "ich liebe dich" sagen würde.
"das ist also der ultimative test, hm, ringo?", sage ich. "wenn sie das nicht abschreckt, dann sind sie gut?"

mehr lachen.

ringo sagt, dass er eine application für den belfort festival trip mit susanne und mir ausfüllen will.

[dazu in meinem kopf das gleiche set vor 48h, in anderer begleitung unter einem der grossen weissen jetzt zugeklappten sonnenschirm sitzend, bei 15°C mehr, die füsse hochgelegt, dazu kuchen der nach weihnachten schmeckt, die hitze egal und die augenlider gehen nicht höher als halbmast vor sonnenlicht, glück und endorphinen. ach ja, die schwerkraft. die sonnenbrille ist in den haaren, der visor muss oben sein, maximum visibility ist essentiell.
umbrellas.
"sehnsucht!" flattern die schmetterlinge in meinem bauch, heimlichstillundleise. wie kann das eigentlich sein, frage ich mich, dass ich jemanden tatsächlich sowas wie vermissen kann, obwohl er erst so kurze zeit mitspielt in meinem film, und das obwohl der wohl gerade von david lynch, lars von trier und jim carrey in collaboration gedreht wird. man streitet untereinander, viel.
so seltsam es ist, so weh es immer wieder tut, so unvorhersehbar es ist, es ist schön, das leben, dieser tage.]